Gesundheit als Zwang
Was ist gesund und wann endet Gesundheit als Zwang?
Eine gesunde Ernährung wird für viele Deutsche immer wichtiger, wobei sie bei jedem anders aussehen kann: für die einen bedeutet es weniger Süßigkeiten und keine verarbeiteten Lebensmittel, für die anderen eine vegane oder Low-Carb Lebensweise. Doch wenn die Kontrolle über die Lebensmittel krankhaft wird, kann eine gesunde Ernährung zur Besessenheit werden und sich negativ auf unseren Körper auswirken. Wenn dies der Fall ist, wird von einer Orthorexie gesprochen.
Orthorexie – was ist das?
Orthorektikern geht es um die Qualität der Nahrungsmittel, die sie zu sich nehmen. So haben sie ungesunde Lebensmittel nicht des Abnehmens wegen von ihrem Speiseplan gestrichen, sondern um z.B. Krankheiten vorzubeugen. Sie kaufen in Bio-Läden ein, achten darauf, ökologisch und ethisch korrekt einzukaufen, und verzichten auf Lebensmittel mit künstlichen Zusatzstoffen. Dies klingt bis hierher ja auch noch gesund – ist es auch. Das Problem der Orthoretikern ist, dass sie sich darauf fixieren, nur gesunde Lebensmittel zu sich zu nehmen. So kann es schnell dazu kommen, dass eine Ernährung nicht mehr gesund, sondern sehr einseitig und extrem wird, wie Friederike Barthels vom Institut für experimentelle Psychologie der Universität Düsseldorf erklärt. Symptome für eine Orthorexie können z.B. das ständige Denken an eine gesunde Ernährung, das Einhalten eines genauen Ernährungsplans und das Hervorrufen von Schuldgefühlen, wenn man an eine Abweichung des Ernährungsplanes denkt.
Gesunder Lebensstil als Krankheit
Die Gestaltung rund um eine gesunde Lebensweise und Ernährung wird Orthorektikern zum Lebensinhalt und die selbst auferlegten Regeln an einen selbst werden immer strenger. Soziale Kontakte geraten in Vergessenheit, denn oft wird schon ein einfacher Restaurantbesuch zur Katastrophe. Bloggerin Younger berichtet auf ihrem Blog in einem sehr interessanten Artikel über ihre Einschränkungen durch Orthorexie und wie diese ihr Leben beeinflusst haben (http://www.theblondevegan.com/2014/06/23/why-im-transitioning-away-from-veganism/ , auf Englisch).
Orthorexie ist noch kein anerkanntes Krankheitsbild, erinnert aber stark an die Krankheit Anorexie. In beiden Fällen wird Nahrung von Betroffenen extrem genau selektiert und weggelassen, so Barthels. So kann bei Orthorexie eher von einer verhaltenspsychologischen Essstörung gesprochen werden. Sobald etwas das Alltagsleben der Betroffenen dominiert, kann von einer psychischen Störung ausgegangen werden. Jedoch ist Orthorexie bundesweit noch nicht wirklich vertreten, nach einer Studie ist ca. 1% der deutschen Bevölkerung davon betroffen. Da Orthorexie noch nicht als Krankheitsbild anerkannt ist, gibt es auch keinen genauen Leitfaden, Orthorexie zu behandeln. Hilfe können Betroffene bei einem Psychologen oder Psychotherapeuten suchen.
Doch was ist nun eigentlich gesund und wann wird Gesundheit zum Zwang? Man kann sich an die Richtwerte und Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung halten (https://www.dge.de/ernaehrungspraxis/vollwertige-ernaehrung/10-regeln-der-dge/ ). Die DGE empfiehlt reichlich Getreideprodukte, 5 Portionen Obst und die tägliche Einnahme von Milchprodukten.